Keine Angst vor Spinnen

Große Zitterspinne (Pholcus phalangioides)

Zitterspinne - Weibchen mit Jungtieren
Weibchen mit Jungtieren - Foto: Eduard Immel

Merkmale: Körperlänge 7-10 mm, damit die größte Art der Familie. Blass graubraun gefärbt, auf dem Rücken des Vorderkörpers eine unscharf begrenzte, dunkle Fleckenbezeichnung; auch der Hinterkörper meist verschwommener, dunklerer Zeichnung. Sternum grau, ohne deutliche hellere Fleckung. Ausgewachsene Tiere sind ganzjährig anzutreffen (Lebensdauer der Weibchen bis drei Jahre, zwei davon adult, Männchen nur 1-2 Jahre).

Vorkommen: Bei uns nur in Gebäuden anzutreffen. Überall sehr häufig, auch in ausgesprochenen trockenen, zentral beheizten Räumen, die fast allen übrigen Spinnen gemieden werden.

Zitterspinne mit Beute
Zitterspinne mit Beute, hier eine Schnacke - Foto: Eduard Immel

Lebensweise: Die Tiere bauen ein unregelmäßiges, lockeres Fangnetz, mit Vorliebe in den Ecken dicht unter der Zimmerdecke, in Kellerräumen ebenso wie in Wohnzimmern. Bei Beunruhigung, etwa wenn sie kurz berührt oder angeblasen werden, führen sie in ihren Netzen schnell hin und her schwingende Bewegungen aus, die sie vor unserem Auge verschwimmen lassen und auch zu ihrem Namen geführt haben. Zitterspinnen verhalten sich untereinander in aller Regel friedlich, erweisen sie aber sich als ausgesprochen angriffslustig gegenüber anderen Spinnen. Sobald sich etwa eine Hauswinkelspinne (Tegenaria spec.) in ihr Netz verirrt, wird sie sofort mit klebrigen Fäden beworfen, die sie schnell bewegungsunfähig werden lassen. Schließlich erfolgt der offenbar sehr wirksame Giftbiss, meist in ein Bein. Später wird die Beute, die oft deutlich größer ist als die Zitterspinne, ebenfalls meist durch Biss in ein Bein, ausgesogen. Obwohl ganzjährig reife Tiere auftreten, erfolgt die Paarung vorzugsweise im Frühsommer. Recht eigenartig ist die Methode der Spermaaufnahme beim Männchen: Dieses spannt zunächst zwischen dem dritten Beinpaar einen Faden aus und reibt mit diesem über der Geschlechtsöffnung hin und her, bis ein Spermatropfen austritt und am Faden hängen bleibt. Anschließend wird dieser Gespinstfaden nach vorne geführt und der Spermatropfen an die Chelizeren übergeben. Von dort aus wird er schließlich in die sehr voluminösen Kopulationsorgane an den Tastern aufgenommen. Bei der Balz führt das Männchen vor dem bauchoben im Netz hängenden Weibchen heftig zitternde Bewegungen aus und nähert sich diesem von oben her mit rechtwinklig nach außen gespreizten Tasterspitzen. Die etwa 50 hellrosa gefärbten, durch ein Sekret miteinander verklebten Eier werden in einem nur aus Fäden bestehenden, gut 4 mm großen Kokon abgelegt. Dieser wird vom Weibchen mit den Chelizeren getragen. Kurz vor dem Schlüpfen der Jungspinnen sind die Eihüllen bereits zusammengerollten, langen Beine deutlich zu erkennen. Die geschlüpften Jungspinnen versammeln sich außen auf der Eikugel und werden mit dieser schließlich im Fangnetz abgesetzt. 

 

Eduard Immel, NABU Mitglied

Die geheimnisvolle Welt der Spinnen

Es gibt weltweit mittlerweile ca. 45.313 verschiedene Arten, täglich kommen ca. 4 Arten dazu - Aktuelle Zahl, siehe World Spiders Catalog des Naturmuseums Bern (http://www.wsc.nmbe.ch).

Seit der Entdeckung im Jahre 1699 in Surinam wurde diese Gliederfüssler bekannt. Sie leben fast auf dem gesamten Erdball; in den heißesten Teilen der Erde bis zu 50° C ist ihr Lebensgebiet. 

Es gibt sie als Baumbewohner oder Bodenbewohner. Neben der Hauptfortbewegung „laufen“ sind diese Tiere durchaus in der Lage zu schwimmen, da sie mit Hilfe ihrer starken Behaarung von der Oberflächenspannung des Wasser oben gehalten werden. Obwohl ihr Sichtfeld lediglich nur hell/dunkel wahrnimmt, können sie über ihre Tast- und Hörhaare an den Beinen ihre Umgebung ausgezeichnet registrieren.

Zu der Verwandtschaft der Spinnen zählen u.a. Skorpione, Milben, Weberknechte. 

Das Gift vieler Spinnenarten wird zur Herstellung von Schmerzmitteln und Insektiziden verwendet. Die Spinnenseide ist ein bedeutsames Forschungsobjekt in der Wissenschaft. Der Code will geknackt werden, um u.a. Kevlar für die Polizei bzw. Militär herzustellen, es soll im Bauwesen eingesetzt werden und seit geraumer Zeit wird es in der Medizin angewandt, um als Nähmaterial für die Nervenbahnen zu dienen. Der ökologische Nutzen dieser Tiere wird häufig unterschätzt. Die in Deutschland vorkommenden ca. 1000 Spinnenarten vertilgen im Jahr eine Menge von 4,5 mio. Tonnen an Insekten - dies entspricht etwa dem Gewicht der Bevölkerung Deutschlands.

In Deutschland leben ca. 1000 verschieden Arten (allerdings auch z.T. auf der Roten Liste), darunter sind nur 2, welche ein relativ potentes Gift besitzen: 

Argyroneta aquatica - Wasserspinne

Cheiracanthium punctorium - Ammen-Dornfinger 

Lebensbedrohlich ist im Normalfall jedoch keine davon, dennoch ist ein Besuch im Krankenhaus empfohlen, da es zu einer allergischen Reaktion - bis hin zu einem anaphylaktischen Schock kommen kann. Letzterer kann tödlich enden.

Die von den Vogelspinnen bei Gefahr abgesonderten Brennhaare führen lokal meist nur zu Hautreizungen - vergleichbar mit Brennnesselkontakt - können allerdings zu massiven Atembeschwerden führen, sollten sie eingeatmet werden und zur Blindheit, bei Kontakt mit der Netzhaut. 

Spinnen leben in ihrer eigenen Sinnenwelt. Sie können zum Menschen keine Beziehung aufbauen, auch wenn dies in der Terraristik häufig erwähnt wird. Sie gehen dem Menschen grundsätzlich aus dem Weg. Die Flucht ist immer der erste Verteidigungsmechanismus (Ausnahmen bestätigen die Regel). Einige Arten sind von ruhigem Gemüt, was gerne dazu führt, dass zu falschen Aussagen, wie „Spinnen an die Hand bzw. an den Halter gewöhnen!“ führt. 

Als Lauerjäger warten sie in ihren Gespinsten auf potenzielle Beute, wie Mücken, Fliegen, Heuschrecken, bis hin zu Kleinsäugern oder kleinen Vögeln. Einige wenige Arten, wie die Wolfspinne oder die Springspinne gehören zu den aktiven Jägern, welche übrigens ausgezeichnet sehen können.

Das Balzverhalten erfolgt aufgrund von Klopfsignalen, die je nach Art unterschiedlich ausfallen. Es kommt häufig vor, dass Spinnenweibchen die Männchen nach der Kopulation verspeisen. Dies dient dann als zusätzliche Fettreserve für die bevorstehende Eiablage, welche die Spinnen sehr viel Energie kosten. Nach der komplizierten Kopulation schwillt einige Wochen später das Hinterleib des Weibchens stark an. Die Eiablage steht unmittelbar bevor. Einige Spinnen, etwa die Zitterspinne (Pholcus) oder die Speispinne (Scytodes) umhüllen ihre Eier dabei nur mit wenigen Fäden, andere stellen mehr oder weniger aufwendige, zum Teil aus vielen Fadeneinlagen bestehende Eikokons her.

Als Gliederfüßer müssen sich Spinnen von Zeit zu Zeit häuten um wachsen zu können. Sie heften sich meist mit dem Rücken nach unten an ihren Spinnwarzen fest. Dann klappt die Rückenplatte des Vorderkörpers ab, und die noch weiche Spinne arbeitet sich aus der zu klein gewordenen Haut hervor. Mit jeder Häutung nimmt die Körpergröße der Spinne sprunghaft zu; zwischen den Häutungen vergrößert sich nur der weichhäutige Hinterkörper. Um erwachsen zu werden muss sich eine Spinne etwa zehnmal häuten.

Um Spinnen Zuhause artgerecht halten zu können benötigt es gute Kenntnisse (sich im Vorfeld zu informieren ist unverzichtbar, bevorzugterweise mit Hilfe von Literatur - nur der Verkäufer reicht da nicht als Quelle). Viele Faktoren müssen berücksichtigt werden. Jede Art ist unterschiedlich und benötigt ein spezielles Terrarium. Um ein optimales, künstliches Habitat zu schaffen, sind Faktoren. wie die relative Luftfeuchtigkeit, Wärme, Bodensubstrat sowie dessen Höhe und Konsestenz zu berücksichtigen. Aber auch Fütterungsintervalle und Kenntnisse über die Pflege der Pfleglinge sind wichtig, um etwa Krankheiten zu vermeiden. Weiterhin ist zu beachten, dass besonders Vogelspinnen ein stolzes Alter von bis zu 25 Jahren erreichen können.

 

Eduard Immel, NABU Mitglied