Vorträge und Berichte

Öffentlichkeitsveranstaltung „Lebendige Gewässer“ SGD Nord

Veranstaltung:

Datum:

Leitung / Referent:

Ort:

 

18.05.2015

Walter Hammes, NABU Ortsgruppe Waldbreitbach

Neuwied, Volkshochschule Hedddesdorferstr. 33

 


Kurzvortrag:

Jedes Jahr dasselbe, ab März im Fließgewässer starkes Kiesel - und Grünalgen- wachtum. Im Zuge der Photosynthese am Tag Spaltung freier und gebundener Kohlensäure ( H2CO3 zu Wasser und Kohlendioxyd. Dadurch schwinden der Säureanteile im Gewässer. Anhebung der ph-Werte zwischen 9,5 und 10. Paralleler Anstieg des Sauerstoffgehaltes bis 250 %- ziger Sättigung.

Anstieg des hochgiftigen Ammoniak NH3 mit zunehmendem ph-Wert u. Temperatur. Hochgiftig für Fische.

Nachts dreht sich das Verhältnis um. Über die Zeitachse ergibt sich eine andeutende Sinuskurve. Jeden Tag im Frühjahr und Sommer dasselbe. Alles das eine Gefährdung und Lebensbedrohung für Fische.

Aber nicht nur dies: Ab Spätsommer Absterben der Algenmassen mit Zusetzung des Flussbodengerüstes im Zuge der Kolmatierung. Es erfolgt die Zuschwemmung der wichtigen Hohlräume im Kiesbett mit Sauerstoffzufuhr- verhinderung. Pilzbefall des Fischlaiches, zusätzliche Jungfischbelastung. Ebenso erhebliche Einbuße der Benthosfauna vom Makrozoobenthos bis hin zum Mikrozoobenthos. Hiervon hängen entscheidend der ökologische Zustand und die Selbstreinigungskraft eines Gewässers ab. (Erläuterung Benthosfauna) Die Bewertung nach Perlodes in Bezug auf Besiedlungsdichte, Artenvielfalt

pro Flächeneinheit der Benthosfauna zeigt für die Wied z.B. von Rossbach über Niederbreitbach bis Datzeroth hinaus einen unzufriedenen Zustand.

 

Historik Wied

Bereits vor dem Krieg und in den 50-ziger bis Anfang der 60-ziger Jahre wurden noch bei 4 km Flußlänge Bereich Niederbreitbach beim jährlichen Netzfischen ein, teilweise zweimal pro Jahr je 12 bis 14 Zentner Fisch gefangen. Mit dem noch vorhandenen Restfischbestand im Gewässer ergeben sich gute 7 bis 8 Zentner pro Flusskilometerlänge. ( siehe Bildvorlage )

Nach Anschluß der Wohnsiedlungen an die neu errichteten Abwasserkanalnetze ab der 60-ziger Jahre mit Aufschaltung an die uneffektiven Kläranlagen mit nur einer unzureichenden mechanischen Klärstufe (Durchlaufbecken), bewirkten eine erhebliche biologische Wasserbelastung mit der Folge , das der Fischbestand um über 3/4 einbrach.

Bei Nachrüstung der Klärsysteme ab den 80-zigern Jahren mit besserer Feststoffausfilterung und der nachgeschalteten biologischen Abbaustufe stellte sich eine erhebliche Wasserqualitätsverbesserung ein, mit der Folge, dass der Fischbestand sich stabilisierte und wieder leicht zunahm.

Unerwartet brach ab den 90-ziger Jahren der Kormoran im Gruppenverband in das Gewässer regelmäßig ein bis die Bestände fast erloschen waren. Viele Zeitzeugen bestätigen dies.

Seit ca. 15 Jahren tritt er im Verband nicht mehr auf. Es ist ja auch keine lohnenswerte Nahrung mehr vorhanden. Der Kormoran hat eine andere Strategie entwickelt. Er tritt in Kleinstgruppen in Abständen von mehreren km am Fließgewässer ganzjährig auf und verhindert die Populationsentwicklung der Fischbestände bereits im Ansatz. ( Beobachtungen mehrerer Personen Bereich Neustadt bis Niederbieber).

 

Fakt ist:

Fische sind ein völlig unterschätzter Bestandteil zur Selbstreinigungskraft der Gewässer als Weidegänger zur wichtigen Reduzierung der Algenbestände und folglich Rückgang der Kolmation, pH-Wert und Ammoniaksenkung sowie Stärkung der Kleinwassertierfauna. Weiterhin als Fressfeind für ein ausgeglichenes Ökosystem in der Nahrungskette. Der wichtigste Algenpflanzenfresser ist die Nase.

Beispiel: 270 Tonnen Algenverzehr bei 30 Tausend Nasen bei 42 km Flusslänge sowie Algenverzehr 50 g pro Fisch/ Tag an 180 Tagen im Jahr.

Nur bei einer stabilen Fischpopulation kann die Selbstreinigungskraft eines Fließgewässers möglich sein, und somit dem §1 der Wasserrahmenrichtlinie erfüllt werden. (Schema vorzeigen Aufbau Ökosystem Fließgewässer). Anschließend Ergebnis Elektroabfischen erläutern.

 

Schwachstelle der Abwasserentsorgung aufgrund 20-jähriger praktischer Erfahrung:

Bei einem Abwassermischsystem wird die Schmutzwassergrundlast einschl. der maximal doppelten Menge an Regenwasser der Kläranlage zugeführt.

Der Kläranlage sind unterirdische uneinsehbare Mischwasserrückhaltebecken vorgeschaltet. Die ungesteuerten Rückhaltebecken bestehen aus einem Zu- Ablauf sowie einem Notüberlauf mit direkter Einleitung in ein Gewässer. Von der Größe her sind die Becken für einen 20-minütigen Starkregen ausgelegt. Regnet es länger, läuft das stark verdünnte Mischwasser direkt über den Notüberlauf in das Gewässer ein. Da gleichzeitig dann ein Gewässer Mittel- Hochwasser aufweist verdünnen sich weiter die Belastungsstoffe. Hiermit wird ein Maximum getan um einen ökologischen Schaden zu vermeiden.

 

Auftretende Störfälle:

Ist der Ablauf teilweise oder ganz durch Steinmaterial, Stoffteile oder sonstige Materialien verstopft, so wird das Schmutzwasser unbemerkt in ein Gewässer direkt über den Notüberlauf eingeleitet. Ist der Kläranlagenzulauf gedrosselt, warum auch immer, staut sich das ankommende Schmutzwasser im Rückhaltebecken und läuft dann ebenfalls über den Notüberlauf konzentriert bis leicht verdünnt ebenfalls direkt in das Gewässer.

Defekte nicht im Nennbetrieb arbeitende Förderpumpen oder sogar deren Ausfall können im Störfall das Einleiten des Schmutzwassers direkt in ein Gewässer ebenfalls bewirken.

Bei größeren Höhenunterschieden im Abwasserkanalsystem kann die Potentialkraftübertragung an einer Abzweigstelle zu einem unerwünschten Rückstaueffekt der Abwässer führen.

(siehe Bildervorlage)

Abwassereinleitungen dieser Art können örtlich vor allem im Bereich Gewässer dritter Ordnung zu einem Artensterben der Gewässerlebewesen auf mehreren Bachkilometern führen.

Diese Störfälle verschiedenster Art zwingen zur Notwendigkeit einer Kontrolle der Notüberläufe bestehender älterer Mischwasserrückhaltebecken. Der Einbau z. B. eines nachzurüstenden Mediumschalters im Beckenbereich der Notüberläufe gekoppelt an eine autarke Funkstation zwecks Anbindung an die Fernwerktechnik der Kläranlage ermöglicht dies. Eine zusätzliche Aufschaltung an ein Mobilgerät erzielt eine 24-stündige Überwachung.

Hier können zum Beispiel alle Mischwasserregenrückhaltebecken in einem gesamten Verbandsgemeindebereich rund um die Uhr überwacht werden. Beim Störfall können kurzfristig Maßnahmen zur Behebung ein- geleitet werden.

Es bedarf der Antragstellung zur Ergänzung der gesetzlichen Rahmenbe- dingung für bestehende Mischwasserrückhaltebecken national und EU weit. Neuanlagen im Abwasserkanalsystem werden neuerdings bereits so geplant, das die Abwässer komplett der Kläranlage zugeführt werden mit kontro- lierter Oberflächenwasserzufuhr.

Am Ende der Öffentlichkeitsveranstaltung wurde das erste Thema in einem Kurzvortrag wie vor verfasst meinerseits vorgetragen.

Bei dem Beitrag zur Abwasserentsorgung ist schriftlich die Ergänzung zur gesetzlichen Rahmenbedingung zwecks Überwachung der Notüberläufe der Mischwasserrückhaltebecken eingereicht worden. Als Institution steht hierfür NABU Waldbreitbach.