Veranstaltung:
Datum:
Leitung / Referent:
Ort:
20.03.2015
Walter Hammes, NABU Ortsgruppe Waldbreitbach
Hierzu eine kurze Einleitung.
Zur Entsorgung unseres Schmutz- und Regenwassers gibt es zwei Möglichkeiten. Zu einem die Kanalführung über eine gemeinsame Leitungsführung. Hier spricht man von einem Mischsystem. Zum anderen von zwei getrennten Leitungen im Kanalsystem. Hier spricht man vom Trennsystem.
Beide Systeme haben Vor- und Nachteile. Sie sind preislich etwa gleichwertig.
Betrachten wir die Kapazität einer Kläranlage so wird diese über die Einwohnerzahl sowie den Verbrauch in der Industrie und Landwirtschaft ermittelt. Hier spricht man von Einwohnergleichwerten. Bei der Planung wird eine größere Anlagenkapazität ermittelt um vorgesehene Neubaugebiete bzw. Gewerbegebiete für die Zukunft mit einzubeziehen.
Die ermittelte Einwohnergleichwertzahl stellt die anfallende Schmutzwassergrundlast dar, die die Kläranlage zu reinigen hat.
Bei der Dimensionierung der Anlage wird die doppelte Menge an Regenwasser zusätzlich zur Schmutzwassergrundlast mit berücksichtigt. Diese Mischwassermenge wird im Zulauf der Kläranlage entsprechend begrenzt um die vorgegebenen Reinigungswerte einhalten zu können.. Das nun im Vorfluter ankommende Wasser ist gereinigt und bei modernen Anlagen sogar trinkbar. Es wird in die Gewässer unbelastet eingeleitet.
Zwecks hydraulischer Entlastung einer Kläranlage werden Regenentlastungsbauwerke wie z. B Durchlaufbecken, Regenrückhaltebecken, Fangbecken und Stauraumkanäle im Kanalsystem installiert.
Betrachten wir die in unserer Region häufig eingebauten unterirdischen Regenrückhaltebecken die im Mischsystem eingebaut sind. Sie speichern bei Starkregen die verdünnte Mischwassermenge und gibt sie verzögert und gedrosselt anschließend in der Kanalisation zur Kläranlage weiter zwecks Reinigung. Die Dimensionierung eines Regenrückhaltebeckens wird ausgelegt für einen Starkregen mit einer Dauer von 20 Minuten im Zusammenhang mit der berechneten versiegelten Fläche. Ein Regenrückhaltebecken ist ungesteuert, es besteht aus Zu-Ablauf und einem Notüberlauf.
Im Jahr kann es mehrmals zu größeren Niederschlagsmengen kommen, dann springt das Überlaufbecken an, das heißt, das vielfach verdünnte Mischwasser wird in das Gewässer direkt eingeleitet und belastet dieses.
Da zeitgleich ein Fließgewässer dann Mittel-Hochwasser führt ist eine weitere Verdünnung an Belastungsstoffen gegeben. Hier wird über den Notüberlauf ein Maximum getan, um einen ökologischen Schaden zu vermeiden. Um den Notüberlaufbetrieb noch seltener auftreten zu lassen währe es sinnvoll die Regenrückhaltebecken in ihrer Dimension um 50 % größer auszulegen (30 min Starkregen als Bemessungsgrundlage). Dies ist aber eine Kostenfrage.
Auftretende Störfälle die zu einer erheblichen Belastung von Gewässern mit Artensterben von Fischen und der Benthosfauna führen können.
Betrachten wir das Regenrückhaltebecken wenn der Ablauf teilweise oder ganz durch z. B. Steinmaterial, Stoffteile oder sonstige Materialien verstopft ist. Das konzentrierte Schmutzwasser sammelt sich im Regenrückhaltebecken bis es über den Notablauf direkt in das Gewässer eingeleitet wird.
Wenn dies noch ungünstig über längerem Zeitraum ohne Niederschläge erfolgt, ist z. B bei einem Bach über einen langen Gewässerabschnitt ein komplettes Artensterben der Auslöser. Die Einleitstelle ist dann aufgrund seiner Farbgebung am Gewässer gut erkennbar. Ein weiterer Störfall ist gegeben, wenn der Zulauf zur Kläranlage derart gedrosselt ist, dass die Menge des ankommenden Schmutzwassers sich im Regenrückhaltebecken staut und über den Notablauf direkt ins Gewässer gelangt. Dies kann auch bei geringen Niederschlägen der Fall sein.
Im Bereich eines vernetzten Kanalsystems kann es bei falscher Handhabung von Bedienungselementen dazu führen, das ebenfalls konzentriertes Abwasser in Gewässer eingeleitet werden. Ebenfalls beim Ausfall von Förderpumpen.
Eine weitere Problematik besteht dann, wenn aufgrund von Ausweisung weiterer Wohn- Gewerbegebiete die Kläranlage unterdimensioniert ist. Um Störfälle dieser Art zu vermeiden ist eine permanente Kontrolle der Kanalsysteme und der Kläranlagen erforderlich.
Vor allem die Notüberläufe von Regenrückhaltebecken mit Mischwasser sind regelmäßig in Augenschein zu nehmen. Sollten diese bei geringen Niederschlagsmengen oder an trockenen Tagen in Betreib sein, so ist die höchste Alarmstufe auszurufen. Ein schwerer Störfall liegt vor. Hier befindet sich die Schwachstelle des Klärsystems.
Durch die biologische Reinigungsstufe erfolgt der Abbau organischer Stoffe. Nitrat, Phosphat und Sulfat. Durch die Zugabe von Fällmitteln wie Eisen- und Alusalzen kann das Phosphat chemisch gebunden und durch Flockung eliminiert werden. Dies ist wichtig zur Vermeidung von Eutrophierung des Vorfluters und somit der Gewässer.
Der ph-Wert kann durch Zugabe von Säure oder Base reguliert werden. Ein Restabbau von Arzneimitteln aller Spurenschadstoffe und hormonwirksamer Stoffe sowie Krankheitserreger können über eine vierte Klärstufe chemisch gebunden, ausgefiltert, neutralisiert oder abgetötet werden. Hierzu zählen die Verfahren der Ozonung, UV-Bestrahlung sowie der Einsatz von Aktivkohlefilter.
Die Entnahme von Wasser aus dem Vorfluter nach vierter Klärstufe hat Trinkwasserqualität.
Auch wenn diese Schadstoffe noch in geringen Mengen in der Gesamtheit im Gewässer auftreten, so können sie für die Umwelt sich schädigend auswirken. Bei konzentrierten Patientenbehandlungen wie im Krankenhaus ist dies ein größeres Problem.
Es ist also sinnvoll diese vierte Klärstufe nachzurüsten wenn nicht vorhanden, denn somit können die Gewässer und die Wasserlebewesen noch besser geschützt werden. Mehrkosten würden sich beim Haushaltswasserverbrauch mit ca. 20 Cent pro Kubikmeter niederschlagen. Dies dürfte es uns Wert sein.
Bis weit in die 70er-Jahre waren Kläranlagen nur mit der ersten Klär-stufe ausgerüstet und konnten nur eine Vorreinigung und Abtrennung von Feststoffen bewirken. Hierbei wurden ca. dreiviertel der biologischen Belastung direkt ins Gewässer eingeleitet. In den 50-zigern bis ende der 70-ziger Jahre bedeutete dies eine erhebliche Verunreinigung unserer Gewässer mit der Folge des Einbruchs der Fischbestände (regional unterschiedlich).
Nach und nach wurden unsere Kläranlagen mit mindestens der zweiten Klärstufe in den 80er- Jahre nachgerüstet, welches zur deutlichen und entscheidenden Verbesserung der Wasserqualität vor allem auch im ländlichen Bereich führte.
Bei größeren Kläranlagen z. B. in Städten wird nach und nach die dritte und vierte Klärstufe nachgerüstet um noch eine effektivere Wasserreinigung zu erzielen.
Kläranlagendaten u. Benthosfauna Fließgewässer
Klärstufe 1: Vorreinigung und Abtrennung von Feststoffen
Klärstufe 2: Biologische Klärstufe eliminiert ca. 90% der Phosphate Amonium und Träger chemischer Substanzen zu 95%. Gebundener Stickstoffabbau zu 80%
Klärstufe 3: Bewirkt die Reduzierung der Reststickstoffe und Phosphate mit biologischen und chemischen Verfahren. (z.B. Alu-Eisensalzen zur Ausflockung von Phosphaten).
Klärstufe 4: Abbau von Restarzneimitteln aller Spurenschadstoffe sowie hormonwirkender Stoffe und Krankheitserreger mittels Ozonung, UV-Bestrahlung, und Aktivkohlefilter.
BSB5-Wert: Ist der Wert an Sauerstoffbedarf der benötigt wird um biochemisch die Restsubstanzen aus dem geklärten Wasser abzubauen bzw. zu oxidieren.
CSB-Wert: gibt den Wert an für schwer abbaubare Stoffe der Chloride und des PCB, die in Schwerölen, Kunststoffen, Kühlflüssigkeiten, Lacken, Farben vorkommen.
Amonium –Stickstoffwert (Nitifikationswert) ab Anlagengröße 3 (5 bis 10.000 Einwohnern, Anforderungswert). Bei Anlagengröße 4 ist der Wert für Gesamt-Phosphor und Gesamt-Stickstoff (Denitrifikation) einzuhalten, bis 100.000 EW.
Benthosfauna Fließgewässer
Stufe 1: Makrozoobenthos Tiere größer 1mm, Wasserinsekten, Eintags- und Steinfliegenlarven, Köcherfliegenlarven, Flohkrebse, Strudelwürmer, Schnecken, Schwämme u. s.w.
Stufe 2: Meiobenthos Tiere zwischen 1 mm und 0,063 mm, Kleinkrebse, Fadenwürmer, Rädertierchen.
Stufe 3: Mikrobenthos unter 0,065 mm, z. B. Bakterien